Radio Bremen Retro – Wissenschaft im Exil 1933 - 1945

Für Adorno sind seine in Englisch verfassten musiktheoretischen Schriften "exoterisch", als "esoterisch" bezeichnet er die in deutscher Sprache geschriebene und erst nach der Emigration publizierte "Dialektik der Aufklärung".

Berendsohn gilt als Begründer der deutschen Exilliteratur-Forschung. In seiner Arbeit legte er Wert auf Textnähe und Sachlichkeit. Die zeitgenössische "romantische" Textauslegung Heideggers lehnte er ab.

Die durch die Emigration hervorgerufene "Unstetigkeit der Existenz" sah Courant nicht nur als Nachteil an. Er setzte sich nach 1945 dafür ein, nicht zu viele deutsche Gelehrte in die USA zu holen, um die deutsche Wissenschaft vor dem Aussterben zu retten.

Wilhelm Gaede befand, "dass die Amerikaner schlechte Sprachenlerner sind. Ihr Englisch ist ihnen genug." Der Deutschunterricht, 1917 komplett eingestellt, wurde erst Mitte der 20er Jahre so langsam wieder eingeführt."

"Als ich in den USA ankam, war ich zunächst überrascht, wie unglaublich schön das Land und wie freundlich die Menschen waren. Für mich war die Emigration ein großer Gewinn", resümierte Prof. Reichardt gegenüber Irmgard Bach.

"Ich fühle mich heute als US-Bürger", so Adolf Leschnitzer zu Irmgard Bach. "Meine Arbeit über jüdische Geschichte und jüdische Kultur an der FU Berlin empfinde ich ohne Arroganz als Aufgabe im Sinne des Weltfriedens."

Nachdem Toch 1957 den Pulitzer-Preis erhalten hatte, wandte er sich wieder dem spätromantischen Stil seiner Anfangsjahre zu. In dieser Zeit entstanden auch einige Auftragskompositionen für Radio Bremen, z.B. die "Kleine Theater-Suite für Orchester".

Als Stipendiat des Fulbright-Programmes kehrte Friedländer in den 50er-Jahren nach Deutschland zurück und lehrte wieder in Berlin. "Ich wollte immer vermitteln, dass das deutsche Volk nicht als Ganzes für die Nazi-Verbrechen schuldig gesprochen wird."

Neuzeithistoriker Prof. Hajo Holborn, mütterlicherseits ostfriesischer Herkunft, über Wortneuschöpfungen während des 1. Weltkrieges: "Da wurde Sauerkraut in Siegeskohl umbenannt. Das gab es aber bei den Nazis nicht mehr."

Die jüdische Kunsthistorikerin Sabine Gova floh 1933 vor den Nazis nach Casablanca, überquerte als blinde Passagierin den Atlantik, jobbte in New York als Putzhilfe und wurde schließlich mit fast 60 Jahren Professorin. Eigentlich Stoff für einen Film!

Arnold Brecht war einer von wenigen Beamten, die für den Erhalt der Weimarer Republik eintraten. 1933 emigrierte er in die USA, wo er als Politikwissenschaftler lehrte. Nach dem Krieg wirkte er beratend am Grundgesetz mit.

Der Biochemiker Fritz Albert Lipmann emigrierte 1939 in die USA nach New York und später nach Boston. Seine Forschungen über das Coenzym A brachten ihm 1953 den Nobelpreis für Medizin ein.