Das gab es noch nie: Robert Sesselmann, Jurist und noch Landtagsabgeordneter der AfD in Thüringen, wird neuer Landrat von Sonneberg. Er wird damit der erste AfD-Landrat, den es in Deutschland gibt. Von einem Dammbruch ist die Rede, von Alarmzeichen für die Demokratie. Darüber sprechen Malte Pieper und Anja Maier in dieser Folge mit dem Journalisten Sebastian Haak und dem CDU-Politiker Mike Mohring.Haak sagt, in den Reaktionen auf Sonneberg seien viele politische Reflexe und Schnappatmung dabei. Das helfe jetzt aber nicht weiter. Der Erfolg der AfD hat für ihn viele Gründe. Ja, es gebe viele Protestwähler. Aber es gebe auch viele Menschen, die schlicht Demokratiefeinde seien. Die nie im gesamtdeutschen Staat angekommen seien. Es gebe viele Rechtsextremisten. Es gebe außerdem massive Defizite in der politischen Bildung. Das sei ein massives Problem im Osten. Und es vererbe sich. Gesamtgesellschaftlich herrsche eine vergiftete Debattenkultur.Anja Maier sieht nach der Wahl Analogien zu dem ostdeutschen Wahlverhalten in den 1990er Jahren. Was sie damit meint, erklärt sie genauer. Außerdem glaubt sie, dass die Ostdeutschen zu viele grundlegende Transformationen erlebt hätten. Bis auf eine kurze Phase der gefühlten Ruhe hätten sie seit der Wiedervereinigung stetig große Veränderungen erlebt. Das mache etwas mit den Menschen. Im politischen Berlin sieht Maier Ratlosigkeit über den Umgang mit dem Osten und dem Rechtsextremismus.Die Runde schaltet auch ein Thüringer CDU-Urgestein zu, Mike Mohring. Er war lange Zeit Landesvorsitzender seiner Partei in Thüringen. Das Wahlergebnis sei ein Ausdruck von Vertrauensverlust, findet er. Die Menschen wendeten sich von den etablierten Parteien ab. Mit Blick auf die Landtagswahl in Thüringen 2024 könne man Angst bekommen. Die CDU müsse sich von der AfD abgrenzen, genauso aber von der Linkspartei. Sie müsse aber auch so den Menschen viel mehr zuhören und sich um deren Probleme kümmern. Fest stehe auch: Die demonstrative Verbrüderung aller Parteien gegen die AfD stärke die Rechtspopulisten.Malte Pieper puhlt als westdeutscher Teilnehmer des Gesprächs in den ostdeutschen Wunden. Er sieht eine Kultur des Meckerns und Jammerns. Haak entgegnet, es gebe durchaus strukturelle Benachteiligungen der Ostdeutschen. Einig ist sich die Runde in zwei Punkten: Ja, es wird zu viel gemeckert und zu wenig selber gemacht. Und ja, die Debattenkultur in Deutschland ist schlecht.Darüber hinaus analysieren Pieper, Maier, Haak und Mohring im Podcast weitere Aspekte der Wahl. Es geht unter anderem um diese Fragen: Welche Befugnisse wird Sesselmann als Landrat haben? Welche Auswirkungen wird seine Wahl auf Sonneberg haben? Was bedeutet sie für die nächsten Landtagswahlen im Osten? Und kann man die AfD überhaupt noch entzaubern? Oder ist sie schlicht angekommen?Wenn Sie Fragen und Anregungen an Anja Maier und Malte Pieper haben: Schreiben Sie an wahlkreis-ost@mdr.de.