Der Mauerfall von Marienborn: Annemarie sieht am 9. November 1989 die Abendnachrichten. Es sind die Nachrichten, die an diesem Abend ganz Deutschland bewegen. Aber nicht ganz Deutschland bewegt sich. Annemarie jedoch, 46 Jahre alt, Narkoseärztin aus Magdeburg, tauscht ihren Bereitschaftsdienst und fährt zusammen mit ihrer Tochter Juliane, 16, los. Ihr Mann bleibt zu Hause. Sie fahren 60 Kilometer über die Autobahn zum Grenzübergang Marienborn, und nach einigen Diskussionen mit verschiedenen Grenzern dürfen Annemarie und ihre Tochter passieren. Es ist 21.15 Uhr ? sie sind damit die ersten Ostdeutschen, die nach der neuen "Schabowski-Regel" aus der DDR ausreisen. Doch im westdeutschen Helmstedt sind, wie immer um halb zehn abends, die Bürgersteige hochgeklappt. So sind sie auch die ersten, die wieder einreisen. Erst als die beiden längst wieder zu Hause sind, geht auch an der Grenze bei Marienborn der "Wahnsinn" los. Berichtet wird in dieser Nacht vor allem aus Berlin, es sind diese Bilder, die bis heute unsere Vorstellungen vom 9. November prägen. Das Hörstück verfolgt hingegen die Spuren jenseits der Hauptstadt: die erste Autofahrt durch den Eisernen Vorhang in Sachsen-Anhalt - in einem Auto der Marke Wartburg, das "die Sicherheit einer geschlossenen Fahrgastzelle" bietet, wie eine Werbebroschüre formuliert. | Von Thilo Reffert | Mit Matthias Matschke, Juergen Schulz, Annemarie Reffert, Juliane Reffert, Michael Reffert | Komposition: Cornelia Friederike Müller | Regie: Stefan Kanis | MDR 2009